2012 - 04 - Spuren der Vergangenheit by Manfred Weinland

2012 - 04 - Spuren der Vergangenheit by Manfred Weinland

Autor:Manfred Weinland [Weinland, Manfred]
Die sprache: deu
Format: epub


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Ah Ahaual war besorgt. Die Übergriffe verfeindeter Stämme hatten in den letzten Jahren zugenommen. Besonders die Tutul Xiu nutzten jede sich bietende Gelegenheit, die Reichsgrenzen zu verletzen, griffen Dörfer und einsam gelegene Weiler an.

Ah Ahaual war geneigt, zu einem Feldzug aufzubrechen, der in letzter Konsequenz das Nachbarreich der Tutul Xiu zerschlagen sollte. Nur so schien eine dauerhafte Befriedung der Region durchsetzbar zu sein.

Aber die Einschätzungen der gegnerischen Stärke waren widersprüchlich. Und bevor er sich auf ein Abenteuer einließ, das die Existenz seines eigenen Reiches infrage stellen konnte, wollte er sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln versichern, dass ein Krieg nicht im Fiasko für sein Volk endete.

Zu diesem Zweck hatte er Ts’onot zu sich bestellt.

Erst wenige Tage waren vergangen, seit er ihm die fremdartigen Fundstücke ausgehändigt hatte, die Oxlajs Niedergang besiegelt hatten. Gemeldet hatte sich Ts’onot seither noch nicht, aber das hatte Ah Ahaual auch nicht erwartet. Er wollte auch gar nicht, dass sein Sohn die Dinge überstürzte.

Er wartete in dem Raum des Palastes auf Ts’onot, in dem er auch regelmäßig die Bürger von Ah Kin Pech und der umliegenden Gebiete empfing, um sich ihre Sorgen und Wünsche anzuhören. Er hatte immer Wert darauf gelegt, ein Ohr für die Menschen zu haben, die er regierte. Und wenn seine regelmäßig ausgesandten Späher, die sich inkognito unter die Leute mischten, ihm die Wahrheit berichteten, genoss er den Ruf des streng Gerechten bei seinen Untertanen.

Er wollte nicht geliebt werden. Respekt war ihm wichtiger. In der Familie wie in Reichsangelegenheiten.

Auf dem Stuhl sitzend, auf dem er sonst die Bittsteller empfing, erwartete er dösend Ts’onots Ankunft und glitt immer wieder in einen Halbschlaf, in dem er von wirren Träumen heimgesucht wurde.

Eine Bewegung, aus den Augenwinkeln heraus wahrgenommen, ließ ihn aufschrecken. Den Wächtern draußen vor der Tür hatte er aufgetragen, niemanden außer seinem Sohn einzulassen. Und so war für ihn klar, dass kein anderer als Ts’onot erschienen war. Er setzte sich gerade und wandte den Blick …

… und die Erkenntnis, einem Irrtum erlegen zu sein, jagte einen Adrenalinstoß von ungeahnter Wucht durch seine Blutbahn. Von einem Moment zum anderen war er hellwach und stemmte sich aus seinem Sitz.

Er holte Luft, um Alarm zu schlagen – doch die Stimme, die ihm zuvorkam, war einschmeichelnd und bestimmend zugleich und hinderte ihn daran, den Ruf auszustoßen. Sie passte zu dem Erscheinungsbild eines Mannes, der unmöglich aus dieser Welt stammen konnte, der aber auch keine Ähnlichkeit mit dem Wesen hatte, dem Ts’onot und Oxlaj vor Jahren begegnet waren.

Die Gestalt schien aus strahlendem Weiß zu bestehen, das bis in den hintersten Winkel von Ah Ahauals Kopf vordrang.

»Hab keine Furcht«, sagte der Mann aus Licht. »Ich halte große Stücke auf dich und dein Volk – deshalb habe ich euch auserwählt, mir einen Dienst zu erweisen, der euch unsterblich machen wird.«



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